Fotos Uta Kurz, Werne

 

 Michaela Schultz-Franck Interview Michaela Schultz-Franck Naturerlebnis Emscherquellhof Im Jahr 2018 habe ich hier am Emscherquellhof begonnen – ursprünglich mit Schaf-haltung zur Pflege der hiesigen Streuobstwiesen. Dabei kamen mir nach und nach Ideen, wie dieses schöne Fleckchen Erde zur Umweltbildung eingesetzt werden könnte. Ich bin ausgebildete Lehrerin, doch bei der Arbeitsweise im System Schule bin ich an innere und äußere Grenzen gestoßen. Ich möchte hier am Hof Kindern eine andere Art zu lernen ermöglichen: Lernen in und mit der Natur. Lernen, indem Kinder ihrer natürlichen Neugierde folgend, die Natur selbst erforschen. Vor allem Lernen durch selber machen. Meine Überzeugung ist, dass dieses Lernen über Selbstwirksamkeit und Freude in und an der Natur, nachhaltig ist. Durch diese Freude lernen Kinder, ihre Umwelt zu lieben. Faszination für Umwelt und Artenvielfalt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um den Sinn einer nachhaltigen Lebensweise zu erspüren und verinnerlichen zu können. In der Zeit der Pandemie reiften die Ideen, wie das Team des Emscherquellhofs diese Ziele nachhaltiger Umweltbildung erreichen können und wir entwickelten die pädagogischen Konzepte. Im April 2022 konnte der Hof sein Eröffnungsfest feiern. Seitdem bieten wir verschiedene Formate aus dem Bereich der Naturerlebnis- und der Bauernhofpädagogik an. Es gibt Jahreskurse für Schulen und Kitas, bei denen die Kinder die vier Jahreszeiten durch jahreszeitenspezifische Aktionen erleben, wie etwa im Spätsommer die Apfel- oder Maisernte, sowie die Verarbeitung der Ernte zu Produkten wie Kuchen oder Popcorn. Dabei lege ich Wert darauf, dass die Kinder lernen, sich mit gesunden Zutaten, selbst Genuss zu bereiten. Auch das gehört für mich zur Nachhaltigkeit – nicht den Fokus auf den Verzicht zu legen, sondern zu üben, wie Genuss mit umweltschonenden Alternativen gelingt. Gebacken und gekocht wird auf unserer Feuerstelle. Ferner gibt es Eltern-Kind-Kurse für die Altersgruppen der 3- bis 5jährigen oder der 6-bis 10jährigen, die ganz verschiedene Inhalte haben, wie das Erforschen des pflanzlichen und tierischen Lebens in Wiese und Wald, oder die Verarbeitung natürlicher Materialien wie beispielsweise das Schnitzen mit Holz. Bei allen Aktionen ist mir – auch aus pädagogischer Sicht - wichtig, dass die Kinder möglichst viel selbst tun. Dadurch erleben die Kinder Selbstwirksamkeit und entwickeln Selbstvertrauen und innere Stärke. Da ich eine Montessori-Fortbildung für die Altersgruppe der 0-3 jährigen absolviert habe, lehne ich Teile meines Programms an diese Pädagogik an und bereite den Kindern eine Umgebung vor, die ihnen das Lernen und Erleben möglichst eigenständig und altersgerecht ermöglicht. Mir ist es auch wichtig, große und kleine Menschen für nachhaltigen Konsum zu sensibilsieren. Dazu führen wir z.B. verschiedenste Upcycling-Projekte durch, bei denen die Teilnehmer:innen zum einen merken, wie viel Müll in unserer Gesellschaft entsteht und zum anderen in die Lage versetzt werden, den Blick auf Müll zu ändern und kreativ andere Nutzungsarten zu entwickeln. Alle von uns verwendeten Materialien wähle ich unter ökologischen Gesichtspunkten aus. Wir verwenden gerne die Wolle unserer Schafe und lassen die Kinder die Wolle mit ihren Händen verarbeiten, z.B. färben oder filzen, wobei wir die Prinzipien des Netzwerks „sevengardens“ verwenden. Wenn ich Werkzeug oder Material kaufen muss, setze ich entweder auf Second-Hand und vermeide, Neuware zur kaufen, oder ich setze auf hochwertige und langlebige Produkte aus nachhaltiger Herstellung. Neben dem erwerbswirtschaftlichen Kursbetrieb betreibe ich ehrenamtlich auf meiner Wiese eine Art „Kids-Solawi“, eine solidarische Landwirtschaft für Kinder. Mit bisher einer Grundschule der Gemeinde Holzwickede, haben wir einen kleinen Gemüsegarten angelegt. 24 Kinder kommen – in zwei Kleingruppen geteilt – einmal wöchentlich für die Aussaat, Pflege und Ernte der Pflanzen. In diesem Projekt kommt – ebenso wie in den Jahreskursen – die mir so wichtige Kontinuität zum Tragen. Kinder sollen nicht nur eine einmalige Stippvisite in die Natur unternehmen, bestenfalls kommen sie über einen längeren Zeitraum. Nur dann kann man die Wunder der Veränderung in der Natur wahrnehmen. Außerdem findet eine ganz andere Art Lernen statt, wenn die Kinder sich hier nach den ersten ein, zwei Besuchen sicher und angenommen fühlen und wenn sie die äußeren Abläufe schon verinnerlicht haben. Dann sind Kopf und Herz für ganz neue Eindrücke geöffnet. Ich habe noch viele weitere Ideen, wie man die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen weiter verfolgen und umsetzen kann. Ich möchte gerne auch mein Wissen und meine Konzepte an andere Bildungsakteure und Multiplikatoren weitergeben. Dazu erar-beite ich gerade Fortbildungskonzepte. Zu unseren Kooperationspartnern gehören der Emschergenossenschaft Lippeverband, Sevengardens, der Treffpunkt Villa (Einrichtung der Jugendförderung des Kreises Unna), sowie Ute Rohmann vom Imkerverein Massener Heide e.V. Über weitere Kooperationspartner und den Austausch über BNE im Netzwerk wir.in.der.region, freue ich mich sehr.
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